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Im Sommer 1997 führte ich zum ersten Mal - und seinerzeit wohl einmaligen in der BRD - ein Seminar durch, bei dem "Techno" weniger von der soziolgischen oder psychologischen Seite sondern von der Kompositionstechnik her abgehandelt worden ist. Aus den Erfahrungen dieses Kurses heraus entwickelte ich anschließend das Konzept des TechnoMuseums im Sinne eines künstlerisch-wissenschaftlchen Forschungsprojekts. Von der vorliegenden Seite können alle Arbeitsblätter des Kurses herunter geladen werden.
NACHTRAG 2020: Weitere Materialien und Downloads von im 1997er-Kurs verwendeten Midifiles findet man im Kurs "100 Jahre Elektronische Musik".

Themenübersicht

  1. Kursaufbau und Hinweise Download Blatt 1
  2. Kompositionstechnische Grundzüge von Techno ("Oxygene IV" von Jarre/Vertigo 1997) als Techno-Brett Download Blatt 2
  3. a) Der Drum Groove Download Blatt 3A
    b) Wie kommen die Midi-Daten in den Sequencer? Download Blatt 3B
    c) Kompositionshinweise fürs Techno-Drumset (gesampelte Tips nach diversen Autoren) Download Blatt 3C
  4. Einzelsoundbearbeitung: Lautstärkenverhältnisse (Velocity und Main Volume)
    Der Gate-Effekt Download Blatt 4
  5. Verwendung von Samples für Drum-Grooves
    Wie kommt das Sample in den Sampler? Download Blatt 5
  6. Filterfunktionen bei Analogsynthesizern
    Die 7 gängigsten Techno-FiltereffekteDownload Blatt 6
  7. Computeranbindung analoger Klangerzeuger Download Blatt 7
  8. Die Midi-Daten-Struktur
    a) Controller, NRPNs, Mixermap in "Cubase"
    b) Daten in einem professionellen Midifile jenseits der Note-Events
    c Strategien beim Arbeiten mit Controllerdaten Download Blatt 8
  9. Spielhilfen für repetitive Musik (Arpeggiatoren)
    Musikalische Arbeit mit Arpeggiatoren: 8 Techno-Effekte Download Blatt 9
  10. Hardware-Sequenzer und Synchronisation
    "Rave-O-Lution 309" von Quasimidi, "Midi-Performance-System" von Zyclus Download Blatt 10 und Download Blatt 10A
  11. Kreativer Umgang mit Standard-Midifiles Download Blatt 11
  12. Sampling und Sample-Formate in der PC-Praxis Download Blatt 12
  13. Midifizierung von Licht
    a) "Cubase"-Steuerung von Lichtanlagen Download Blatt 13
    b) Braintechnologische Effekte bei Raveparties
  14. Inhalt der zu den Materialien gehörigen Disketten (Midifiles download hier) Download Blatt MIDIFILES

Didaktisches Vorwort

Etwa ein Jahrzehnt lang wird nun an der Universität Oldenburg der Umgang mit Midirecordingsystemen des Typs "Cubase" und "Notator" unterrichtet. Methoden und Zielsetzungen dieses Unterrichts sind sich im wesentlichen gleichgeblieben und unterscheiden sich nur unwesentlich von dem, was in Arrangier- und Kompositionskursen "mit Bleistift und Papier" gemacht wird: In einem ersten Kursteil wird das Werkzeug "Cubase" oder "Notator" systematisch erforscht und die Handhabung erlernt, in einem zweiten Kursteil wird dann arrangiert oder komponiert. Musikstimmen werden nach und nach eingegeben, alles soll so natürlich und "normal" wie irgendmöglich klingen und ablaufen. Am Ende soll ein schickes Arrangement oder eine pfiffige Komposition stehen, die genauso "von der Pike auf" gemacht worden ist wie ein "Bleistift und Papier"-Musikstück.

Spätestens seit Beginn der Techno-Ära bemerken wir, daß Jugendliche an Computermusik ganz anders als "systematisch" herangehen und Musik anders als auf die geschilderte Weise produzieren. Der jugendliche Produktionsprozeß beginnt mit der Suche nach einem gut abgehenden Musikstück, das subito "da" sein muß und ansprechen soll. Diesem Ausgangsmaterial wird nun nach und nach eine persönliche Note aufgeprägt, es wird bis zum Exzess geloopt, angereichtert, ausgedünnt, zerschnitten, mit Effekten belegt usw. Mit Worten des Psychologen: die bereits vorliegenden Musikprodukte werden systematisch und kreativ angeeignet. Und bei diesem Aneignungsprozeß werden nach und nach, aber meist absolut unsystematisch, die verschiedenen Fähigkeiten des Werkzeugs "Cubase" oder "Notator" erkundet, erfahren und ausgenutzt.

Dieser "ganzheitlich-unsystematische" Musikproduktions- und Lernprozeß wird Mitte der 90er durch windows 95 und die in vielen PCs eingebauten standardisierten Soundcards ritualisiert. Ein (Standard-)Midifile wird von Diskette, CD-ROM oder aus dem Netzt "gezogen", beim "Klick" auf einen Namen mit Endung "MID" öffnet sich sogleich ein "Midifile-Player" und schon geht die Midi-Musik ab. An einem kleinen Mischpult, das sich gleich mitöffnet, können einzelne Stimmen "abgemischt" werden, auf wundersame Weise "stimmen" alle Sounds - und erst beim 5. oder 6. Midifile-Klick bemerkt der musikinteressierte PC-Besitzer, daß "alles" ziemlich ähnlich klingt: ob es nun Carmina Burana, Techno oder Yesterday gewesen ist. Irgendwann ist das Spiel zu Ende und die Frage tut sich auf, wie aus Klicken (wieder) Musikmachen werden kann.

Ich habe versucht, in meinem Kurs "Die Technik von Techno" den Umgang mit Midirecordingsystemen und elektronischen Klangerzeugern didaktisch an die Lernprozesse anzugleichen, die Jugendliche heute am Computer im Umgang mit Musik durchmachen. Ich habe versucht, hieraus eine anspruchsvolle und professionelle Einführung in elektronische Musikproduktion abzuleiten. (So lernt man beispielsweise, daß im PC-Midimixer kanalspezifische Main-Volume-Werte eingestellt werden und der "stimmige" Sound durch die GM-Norm zustande kommt, der sich im Falle von GS sogar ein paar Filtereffekt beimischen.) Die ganzheitlich-unsystematische Herangehensweise im Kurs sparte viel Zeit und führte gleich in der ersten Stunde zu lustvollen Erlebnissen. Anstatt Patterns systematisch aufzubauen und zusammenzubasteln, anstatt zu lehren, wie man mit Keyboard Mididaten eingibt und hernach am Bildschirm editiert, habe ich einfach angesagte kommerzielle Grooves der "Rave-O-Lution 309" geklaut, in "Cubase" transferiert, dort abgespielt, demontiert, mit Effekten angereichert, aneinandergeklebt usw. Der Kurs hatte Show-Charakter, bei dem zunächst unklar blieb, inwieweit er zu selbständigem Weiterarbeiten animierte. "Die Technik von Techno" war als Vorlesung konzipiert, an die sich im Herbst 1997 ein praktisches Projekt mit Konzert anschließen soll. Die Vorlesung wurde von 25 StudentInnen regelmäßig besucht. Einige StudentInnen schienen das Vorgeführte zu Hause nachzuarbeiten: sie überspielten sich Midifiles, kleine Programme und insistierten mit Fragen. Für anderen StudentInnen blieb das Ganze wohl zunächst eine interessante Show.

Allerdings muß ich einschränkend bemerken, daß bei ausnahmslos allen StudentInnen, die den Kurs regelmäßig besuchten, "gewisse" Kenntnisse von "Cubase" vorhanden gewesen sind. Insofern hatte der Kurs nicht den Charakter einer (ersten) Einführung, sondern doch eher den einer Verfeinerung und Anwendung. "Cubase" war, wie den Arbeitsblättern leicht zu entnehmen ist, zwar unser zentrales Werkzeug. Die elektronischen Mittel, die wir besprachen und einsetzten, gingen aber weit über das hinaus, was "Cubase" und eine PC-Soundcard zu bieten haben. Insofern war der Kurs auch eine phantastische Rundreise durch die Geschichte der elektronischen Musik - auf dem ästhetischen Hintergrund eines aktuellen Stils. Ich hoffe, daß ich auf diese Weise als ein etablierter Hochschulprofessor, der als Schüler die Ursendung von Stockhausens elektronischer "Studie II" miterlebt hat, einer aktuellen Jugendkultur ein bißchen gerecht geworden zu sein.

Literaturverzeichnis

Download des Literaturverzeichnisses.