Im Zeitalter der Digitalisierung aller Lebensbereiche schwindet der Unterschied zwischen elektronischer und nicht-elektronischer Musik. Die Bezeichnung "akustisch" als Gegenstück zu "elektronisch" und Umschreibungen wie "akustische Instrumente" oder "rein akustische Aufnahme" werden obsolet, weil eigentlich fast alles elektronisch vermittelt, wenn nicht eben sogar rein elektronisch ist. "Elektroakustisch" ist in diesem Zusammenhang ein letztes, meines Erachtens absurdes terminologisches Aufbegehren gegen den Niedergang der Aussagekraft von "elektronisch". Fragt man nach dem, was das Alleinstellungsmerkmal des Elektronischen heute noch ausmacht, so ist es das Primat des Klanges, des Sounds, gegenüber Melodie und Harmonie. Elektronische Komponisten sind Sound-Designer. Daher neige ich dazu, nach 100 Jahren Elektronischer Musik für die Aufhebung dieses Begriffs und Phänomens in dem umfassenderen Begriff und Phänomen Klangkunst oder SoundArt zu plädieren.
In der letzten Stunde unseres historischen Rundumschlags zur Elektronik in der Musik werden wir kurz die wichtigsten Dimensionen von Klangkunst Revue passieren lassen, nochmals kurz die Frage aufwerfen, wozu man heute noch ("klassische") Elektronische Studios brauchen könnte, um mit einem QUIZ abzuschließen, der auditive Erinnerungsspuren des Seminars aktivieren soll.
Vorgehen in einer 90-Minuten-Einheit: Vortrag zu "Klangkunst 2021" (30 Minuten), vorbereiteter Vortrag/Referat antlang einer WDR-Sendung "Wozu noch Elektronische Studios?" (15 Minuten), abschließender QUIZ mit Diskussion (45 Minuten).
Zu dieser Stunde gehört Blatt 12, das Quiz-Arbeitsblatt, Quiz-Lösungsblatt und die PowerpointPräsentation Ppt12.
Elektronische Musik und Raumkomposition
Elektronische Musik als Lautsprechermusik ist von Anfang an eng verknüpft mit Versuchen, den Parameter "Richtung" und "Raum" der kompositorischen Praxis zu erschließen. Einige Beispiele:
Rauminstallationen von Pierre Henry in den frühen Tagen der Musique Concrèter 1953 bis 1963:
Edgar Varèse „Poème électronique“ für den Philips-Pavillon auf der Brüsseler Weltausstellung 1958. Die Musik erklang von drei Tonbandgeräten über 350 im Raum verteilte Lautsprecher. Der Pavillon existiert heute nicht mehr, er wurde als Modell rekonstruiert und interaktiv im Internet dargestellt: http://www.cirma.unito.it/vep. Hier ein Bild des von Le Corbusier entworfenen Pavillons (den Xanis Xenakis realisierte):
Hier der komplette (stereophone) Soundtrack des "Poème Électronique". Die jeweils 500 Zuschauer mussten die 8 Minuten über sich ergehen lassen und dann den Raum für weitere Personen frei geben.
Von Xenakis gibt es eine ausführliche Projektbeschreibung, dem Äquivalent einer multimedialen Partitur. (Hier eine Analyse des "Poème".) Zum Beispiel genaue Angaben für die Klangbewegung:
Karlheinz Stockhausen „Gesang der Jünglinge“ für 5 Lautsprecher im Raum komponiert (siehe 6. Stunde).
Karlheinz Stockhausens Kugelraum auf der Weltausstellung Osaka 1970. Ursprünglich wurde eine eigene Raumkomposition geplant, realisiert wurden dann aber durchgehende Darbietung der elektronischen Kompositionen "Hymnen", "Telemusik", "Kontakte", "Mikrophonie" u.a. Eigendarstellung des Gesamtprojekts in Karlheinz Stockhausen: Texte zur Musik 1963-1970. Band 3. DuMont, Köln 1971, S. 153-187.:
Aus der "Partitur" der ursprünglich geplanten Raumklangkomposition "Hinauf-Hinab":
Weitere Aspekte von Elektronischer Musik und Klangkunst
Wozu noch Elektronische Studios heute?
Eine Sendung des WDR vom 6. Juli 2019 zu dieser Frage:
Download der Ausarbeitung eines Referates "Das Elektronische Studio heute - Die Zukunft von gestern?"
Die Funktion von Elektronischen Studios schematisch dargestellt:
Zahlreiche elektronische Kompositionen, die Live-Elektronik mit einbeziehen und sich nicht auf "Tonbandmusik" reduzieren lassen, erfordern ein sehr kompliziertes Equipment, das oft nur in dem Studio, in dem die Komposition erstellt worden ist, vorhanden ist. So bestreitet des SWF-Studio in Freiburg 80% seiner Einkünfte damit, das Equipment für und von Kompositionen, die in diesem Studio (in der Regel für die Donaueschinger Musiktage) realisiert worden sind, für Wiederaufführungen auszuleihen.
Liste der in der DEGEM vertretenen deutschen Elektronischen Studios:
Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden - Studio für Elektronische Musik http://www.hfmdd.de/hochschule/institute/studio-fuer-elektronische-br-musik/studio-fuer-elektronische-musik/ |
Der QUIZ sollte in Partnerarbeit durchgeführt werden. Hier geht es zum QUIZ. Viel Spaß!
Was Sie aus diesem Seminar mit nach Hause nehmen sollten: